Dimensionen des Lesens

Termin: 6.-8.11.2019
Tagungsleitung: Dr. Simone C. Ehmig (Stiftung Lesen Mainz), Prof. Dr. Svenja Hagenhoff (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. Ute Schneider (Johannes-Gutenberg-Universität Mainz)
Tagungsort: Schloss Herrenhausen, Hannover
Drittmittelgeber: VW-Stiftung (Symposien und Sommerschulen)
Hashtag: #dimensionendeslesens

Motivation

Mit Lesen wird typischerweise eine wertvolle Kulturtechnik und etwas intellektuell Aufwändiges in Ver­bindung gebracht. Es wird häufig mit Buchlesen und Buchnutzung gleichgesetzt; andere Lese­medien, -situationen und -anforderungen bleiben in den üblichen Zuschreibungen un­berück­sichtigt oder werden graduell abgewertet. Menschen lesen jedoch nicht nur, wenn sie spezifische und eigens definierte Lese­medien wie Buch oder Zeitung nutzen: Schriftcodierte Zeichen präsentieren sich in allen täglichen Lebens­lagen und auf allen erdenklichen Ober­flächen.

Um das Totalphänomen Lesen zu fassen und um für seine Ubiquität zu sensibilisieren, reicht der gerade im deutschsprachigen Raum stark literarisch-ästhetisch geprägte Lesebegriff nicht mehr aus. Mehr noch: Der print- und literaturgeprägte Lesebegriff ist angesichts des beträchtlichen Anteils von Menschen mit unzureichenden Lesekompetenzen unter Kindern, Jugendlichen und in der erwachsenen Bevölkerung geradezu kontraproduktiv, weil er den Erwerb von Lese­kompe­tenz einer bildungsprivilegierten und kulturaffinen Bevölkerungsschicht vorzubehalten scheint.

Die Erforschung dieses Totalphänomens ist zudem dadurch gekennzeichnet, dass es ›die‹ Lese­forschung nicht gibt. ›Lesen‹ ist einerseits Gegenstand ganz unterschiedlicher Disziplinen, wie Kognitions­psycho­logie, Didaktik, Pädagogik, Literaturwissenschaft, Linguistik oder Buch­wissen­schaft, es wird andererseits aber auch in einigen Disziplinen nicht thematisiert, obwohl Relevanz durchaus gegeben wäre (z. B. in der Kommunikationswissenschaft).

Das Symposium erschließt daher Lesen als vielschichtiges und interdisziplinäres Phänomen. Es bringt Ex­pertinnen und Experten verschiedener Disziplinen sowie unterschiedlicher wissen­schaftlicher oder beruf­licher Karrierestufen zusammen. Ziel des Symposiums ist es, Lesen als gesellschaftliches Total­phäno­men sowie interdisziplinären Forschungsgegenstand differen­zierter und klarer zu konturieren und aus der Eng­führung auf das ›Lesen guter Bücher‹ heraus­zuführen.

Ziel der Veranstaltung

Primäres Ziel der Veranstaltung ist es, einen Diskursraum für die verschiedenen Zugänge unterschied­licher Disziplinen zum Totalphänomen Lesen im Sinne einer ›integrierten Leseforschung‹ zu eröffnen.

Das Symposium soll darüber hinaus eine Grundlage schaffen, um ambitioniertere, interdisziplinäre For­schungsvorhaben positionieren, anstoßen und durchführen zu können, und potenzielle Fördergeber für das Thema in seiner Vielschichtigkeit zu sensibilisieren.

Die (vorläufigen) Ergebnisse des Symposiums werden in Form eines kurzen Desiderat-Papiers dokumen­tiert. Idealerweise wird eine Forschungsagenda formuliert.

Formate der Veranstaltung

Das Symposium ist, abgesehen vom öffentlichen Abendvortrag und der einführenden Keynote, vor­wiegend als interaktive Veranstaltung ohne durchgehend umfängliche wissenschaftliche Präsentationen angelegt.

Impulse vor dem Plenum

Jede der vier thematisierten Dimensionen des Lesens wird durch einen 15-minütigen Impuls vor dem gesamten Plenum aktiviert. Die Impulsgeberinnen und Impulsgeber dürfen Beobachtungen positionieren, (widersprüchliche) Thesen aufstellen und auch provozieren.

Workshops

Nach dem Impuls gehen je ca. 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in jeweils 3 Workshops, die von einem Tandem aus etablierten Expertinnen und Experten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Qualifikationsphasen moderiert und ggf. mit weiteren, kurzen Impulsen versehen werden. Die Ergebnisse der Workshops werden anschließend vor dem Plenum anhand von drei Leitfragen zusammengetragen: Was waren die zentralen, diskutierten Aspekte? Was war überraschend oder provokant? Was ist eine be­sondere Herausforderung, die mit künftiger Forschung aufgegriffen werden sollte?

Das World Café der Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftler

Zur Beförderung der Vernetzung von jüngeren und etablierten Expertinnen und Experten haben 12 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Qualifikationsphasen (Promotion, Habilitation) die Gelegen­heit, ihre Themen im Rahmen eines Speed-Dating-Formats zu präsentieren und damit alle Teilnehmenden der Veranstaltung zu erreichen. Mit den im Rahmen der Veranstaltung geknüpften Kontakten soll der Auf­bau eines interdisziplinären Nachwuchsnetzwerks angestoßen werden.

Pro Speed-Dating-Runde stehen 20 Minuten zur Verfügung. An einem Speed-Dating-Tisch sitzen 5 bis 6 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Feedback auf die Kurzpräsentation (5 Minuten) zum Thema der jeweiligen Qualifikationsarbeit geben.

Jede Jungwissenschaftlerin und jeder Jungwissenschaftler wird gebeten, sein Thema auf einem DIN A 0-Poster darzustellen. Das Poster wird am Tisch im World Café bzw. dort, wo die Pausen der Veranstaltung stattfinden, für alle teilnehmenden Personen sichtbar sein.

Die 12 Jungwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler haben sich auf Basis eines Calls beworben.

Ausstellung von Artefakten

Begleitet wird das Symposium durch eine Ausstellung mit Artefakten, in oder auf denen Lesen oder Lese­situationen thematisiert bzw. dargestellt sind. Dieses sind typische Verlagserzeugnisse, wie Bücher oder Kalender, Werbematerialien (z.B. »Bibliotels – lesend reisen«, Berg ErLesen: Literatur trifft Höhenluft«), Fotos, Lesezeichen, Postkarten oder Ausdrucke. Die Teilnehmer werden geben, transportable Artefakte mitzubringen.

Zum kommentierten Programm