Dimensionen des Lesens: Programm

Mittwoch, 6. November 2019

Begrüßung und Eröffnung: Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen, Mainz

Öffentlicher Eröffnungsvortrag Perspectives on Reading in a Digitized World: Prof. Dr. Anne Mangen, Universitetet i Stavanger, Norwegen

»Reading matters, and our increasingly digitized lives continue to require basic as well as more sophis­ticated reading skills. While it may be the case that we read more than ever, the ways in which we read and the texts that we read, are changing quite dramatically with the increasing use of digital devices as reading platforms. Referring to empirical research assessing the role of the medium – paper and different kinds of screens – for cognitive and emotional aspects of reading, this lecture will discuss the relevance and importance of different kinds of reading in today’s media ecology. What do we currently know, and what do we urgently need to know more about, as screens are increasingly replacing paper as the main reading medium – especially in education?«

Donnerstag, 7. November 2019

Begrüßung und Eröffnung: Prof. Dr. Ute Schneider, Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Keynote Complexity of Reading within Cognitive Science: Prof. Dr. Jurģis Šķilters, Laboratory for Perceptual and Cognitive Systems at the Faculty of Computing, Latvijas Universitāte, Lettland

»In my talk, I will explore interrelations between vision, language comprehension, spatial cognition, and other cognitive and perceptual processes during reading. Further, I will argue that the format of tools involved in the process of reading has a critical impact on the comprehension. I will also briefly explain the idea that reading is a part of a central cognitive extension enabling the modern society and science. In the final part of my talk, I will briefly show where some of the core theoretical frameworks of reading overlap according to recent research evidence. I will argue that reading as a highly multifaceted phenomenon cannot be explored within a single discipline but requires a cross-disciplinary collaboration between different research areas and fields.«

Diskussion zur Keynote. Moderation: Prof. Dr. Ute Schneider

Dimension »Omnipräsenz von Schrift und Text im öffentlichen Raum und im Alltag«

Schriftzeichen sind in der lebensweltlichen Umwelt omnipräsent: Sie befinden auf Anzeigetafeln, Beipack­zetteln, Einkaufszetteln, Gebrauchsanweisungen, Kassenbons, Schildern, Speisekarten, Toilettenwänden, Verpackungen, Wegweisern, in Geschäftsdokumenten, E-Mails, Twitter- und WhatsApp-Nachrichten und auf Software-Oberflächen, kurz: noch nie zuvor hat der Mensch in diesem Ausmaß schriftbasiert doku­men­tiert, kommuniziert und sein Leben organisiert. Das beiläufige Verstehen von Buchstaben und Schrift dient also einerseits banalen alltagsweltlichen Deutungen, wird andererseits aber auch zur Grundlage von Hand­lungsentscheidungen und -prozessen. Lesesozialisation kann als beiläufige Sozialisation quasi ›on the Fly‹ stattfinden: Mit dem Begriff Emergent Literacy werden Alltags-Leseereignisse bezeichnet, die sich uns ohne eigene Entscheidung anbieten. Wenn man lesen kann, kann man nicht nicht lesen. Gleichwohl wird Lesen häufig nach wie vor mit Lesen von (guten) Büchern oder zumindest anderen ›intellektuellen‹ Me­dien wie z. B. Zeitung, gleichgesetzt, gar als ›richtiges‹ Lesen bezeichnet, vom alltäglichen Decodieren von Schriftzeichen abgekoppelt, und dann durchaus auch verbunden mit einer Hierarchisierung: Lesen (der guten Bücher) gilt als etwas Schwerfälliges, als Arbeit oder intellektuell Aufwändiges, was in der Lebens­welt etlicher Menschen keinen Platz hat und eher für Personen in Frage kommt, die Zeit und Engagement inves­tieren können oder qua beruflicher Rolle dazu verpflichtet sind. Lesen als ggf. leichtgängige, beiläufige, selbstverständliche Praktik wird häufig nicht als ›richtiges‹ Lesen konnotiert.

 

Einführung: Prof. Dr. Svenja Hagenhoff, Institut für Buchwissenschaft, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Impuls im Plenum: Prof. Dr. Christine Domke, Theorie und Praxis sozialer Kommunikation, Hochschule Fulda

Drei parallele Workshops

  1. Bedeutung der Omnipräsenz für Menschen mit geringen literalen Fähigkeiten
    Moderation:
    Prof. Dr. Wibke Riekmann, Theorie und Praxis in der Sozialpädagogik, Medical School Hamburg
    Astrid Wirth, Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
  2. Anforderungen an die Gestaltung von textvermittelter Kommunikation
    Moderation:
    Lukas Brandl, Institut für Germanistik, Universität Wien
    Prof. Dr. Philipp Pape, Fachbereich Gestaltung, Hochschule Mainz
  3. Individuelles Bewusstsein für die Omnipräsenz von Schrift und Text
    Moderation:
    Frank Rausch, User Interface Typographer, Berlin
    Dr. Nadine Schmid, Literaturdidaktik, Universität Siegen

Zusammenführung der Ergebnisse aus den Workshops im Plenum

 

Dimension »Ikonografie und Inszenierung des Lesens«

Die historische Leserforschung nutzt traditionell auch Bildquellen, um Aussagen über ideale Lese­situa­tionen, Lesepraktiken, Lesegewohnheiten und soziale Lesekontexte in verschiedenen Epochen treffen zu können. Gängige Wertzuschreibungen an Lesen und Lesemedien werden u. a. durch die aktuelle Ikono­grafie des Lesens, von Lesemedien und Lesen in Social Media-Plattformen geprägt. Neuere Inter­preta­tionen zeitgenössischer Bildquellen sind bisher nur unsystematisch, nur in Ansätzen und ohne theore­tische Fundierung zu finden. Die auf repräsentativer Quellenbasis beruhende, systematische Aufarbeitung aktu­eller Inszenierungen von Lesern und Lesemedien fehlt. Dies ist ein Desiderat, dessen Bearbeitung die Tagung anstoßen soll. Es ist auffällig, dass auf den aktuellen Social Media-Plattformen wie z. B. YouTube, Instagram und Pinterest Lesemedien, insbesondere Bücher, und Leser in sehr traditioneller Weise insze­niert werden. Habitualisierte Leseatmosphären, ritualisierte Lesesituationen, -zeiten und -orte sowie Le­se­kontexte werden aufgrund der sozialen Wertzuschreibungen in den digitalen Medien kaum anders als vor Jahrzehnten dargestellt. Empirisch belegt ist ein gesellschaftlicher Konsens, dass es ideale Leseatmos­phä­ren für die Lektüre fiktionaler Literatur gibt. Zur individuellen Einrichtung der Lesesituationen und Atmos­phären gehören anscheinend neben dem Lesemedium, meist ein gedrucktes Buch, Symbole für sinnlichen Genuss, z. B. Kaffee, Wein, Schokolade etc. Entsprechend werden Fotos auf Instagram oder Pinterest insze­niert. Das gedruckte Buch, arrangiert mit anderen symbolisch aufgeladenen (Alltags-) Gegenständen, ist ein Code, der dechiffriert werden muss und anscheinend auch mühelos verstanden werden kann von den An­gehörigen der jeweiligen Peer Group oder des jeweiligen sozialen Milieus. Die genannte Praxis schließt systematisch diejenigen aus, für die Lesen nicht selbstverständlich ist und die es nicht mit dem entsprechenden Genuss praktizieren.

 

Einführung: Prof. Dr. Ute Schneider, Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Impuls im Plenum: Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Leiterin des Franz Marc Museums in Kochel am See

Drei parallele Workshops

  1. Lesen als Topos in der Literatur
    Moderation:
    Dr. Jan Heilmann, Institut für Biblische Theologie, Technische Universität Dresden
    Prof. Dr. Günther Stocker, Institut für Germanistik, Universität Wien
  2. Darstellung und Inszenierung von Lesen als Teil von Fan-Kultur in Social Medien
    Moderation:
    Dr. Kristina Busse, Fan Communities & Fan Fiction, University of South Alabama, USA
    Timo Rouget, Institut für Germanistik, Universität Koblenz-Landau
  3. Darstellung von Lesen in populären Medien Moderation:
    Prof. Dr. Ina Brendel-Perpina, Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, Katholische Universität Eichstätt – Ingolstadt
    Landon Reitz, Department of German, University of California Berkeley

Zusammenführung der Ergebnisse aus den Workshops im Plenum und Zusammenschau des ersten Tages

Freitag, 8. November 2019

World Café der Jungwissenschaftlerinnen und Jungwissenschaftler

Dr. Nils Bernstein, Universität Hamburg: Poetry Slam und Slam Poetry als Dimension des Lesens innerhalb der Literatur- und Fremdsprachendidaktik

Lukas Brandl, Universität Wien: Literarisches Lesen. Von der literaturwissenschaftlichen Lesetheorie zur transdisziplinären Leseforschung

Dr. Bastian Dewenter & Dr. Nadine Schmid , Universität Siegen: Leseautobiographien angehender Deutschlehrer*innen. Eine empirische Studie zur Lesesozialisation der Jahrgänge um 2000

Dr. Jan Heilmann, Technische Universiät Dresden: Lesen in Antike und frühem Christentum. Kulturgeschichtliche, philologische sowie kognitionswissenschaftliche Perspektiven und deren Bedeutung für die neutestamentliche Exegese

Ricarda Menn, Kulturwissenschaftliches Institut Essen: Serielle Autobiographie und Autofiktion in englischsprachiger Gegenwartsliteratur

Nishant Narayanan, English and Foreign Languages University Hyderabad Indien: Fremdsprachliches Lesen (er)lernen – ein „gelenktes Schaffen oder noch mehr?“

Landon Reitz: Imaginaren des Lesens.Eine Untersuchung der Leseszenen in deutschsprachiger Literatur

Timo Rouget, Universität Koblenz-Landau: Filmische Darstellungen des literarisch-ästhetischen Lesens

Annika Schwab, Universität Wien: Books on Screen. Der Einfluss digitaler Lesegeräte auf das Lesen von Literatur

Astrid Wirth, Universität München: Die Rolle der Home Literacy Environment und frühen Sprachfähigkeiten für die Entwicklung sozioemotionaler Kompetenzen von Kindern

 

Dimension »Gesellschaftliche Wertzuschreibungen an das Lesen und an Lesemedien«

Die enge Verbindung des Lesebegriffs zum gedruckten Buch und zur Literatur dürfte in hohem Maße durch gesellschaftliche Wertzuschreibungen an Lesen und Lesemedien beeinflusst und geprägt werden. Mikroskopisch werden Lesen und Lesemedien auch heute noch als Instrumente und Ausdruck der Iden­tität des Lesers verstanden. Dazu gehören sowohl der symbolische Buchgebrauch als auch Leseprozesse als Mittel der sozialen Anschlusskommunikation mit dem Ziel der sozialen Integration. Die Wertzu­schreibungen beziehen sich nicht nur auf Lesekompetenzen, sondern werden auch in nicht unerheb­lichem Maß auf die Lesemedien (print/digital etc.) übertragen. In empirischen Studien wird häufig nach der Lesemotivation gefragt, wobei Lesen immer der sozial erwünschte und erstrebenswerte Zustand ist. Lesen, das scheint gesetzt, ist immer der sozial erwünschte und erstrebenswerte Zustand. Für Personen mit eingeschränkter Lesefähigkeit rückt das Lesen als erstrebenswerte Praxis mit den genannten Zuschrei­bungen von den eigenen Lebenswelten so weit weg, dass eine Nutzung auch nur einfacher Texte ange­sichts der hohen Anforderungen obsolet scheint. Auf makroskopischer Ebene steht im Fokus, wie die die Wertzuschreibungen politisch in demokratischen Willensbildungsprozessen wirksam werden. Die souverä­ne Buchnutzung und Lesekompetenz werden als Grundvoraussetzungen für individuelle Freiheit und kollektiven Frieden angesehen, was z. B. die UNESCO jahrzehntelang als Handlungsmotiv für ihre För­dermaßnahmen in Dritte-Welt-Ländern angesehen hat. Fragen der Medienkompetenz, die das Lesen als wesentlichen Baustein und unverzichtbare Technik umfasst, münden heute schnell in die Frage nach der Leistung des Lesens zur Vermeidung einer gesellschaftlichen Wissenskluft.

 

Einführung: Prof. Dr. Ute Schneider, Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Impuls im Plenum: Dr. Simone C. Ehmig, Stiftung Lesen, Mainz

Drei parallele Workshops

  1. Bedeutung der etablierten Wertzuschreibungen im Kontext digitaler (Lese-) Medien
    Moderation:
    Prof. Dr. Sascha Schroeder, Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie, Georg-August-Universität Göttingen
    Annika Schwab, Institut für Germanistik, Universität Wien
  2. Wertzuschreibungen im interkulturellen Kontext und VergleichModeration:
    Dr. Nils Bernstein, Sprachenzentrum, Universität Hamburg
    Dr. Marion Krause-Wolters, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Paderborn
  3. Lesen als Teil der individuellen Identität
    Moderation:
    Dr. Bastian Dewenter, Literaturdidaktik, Universität Siegen
    Dr. Guido Graf, Institut für Literarisches Schreiben & Literaturwissenschaft, Universität Hildesheim

Zusammenführung der Ergebnisse aus den Workshops im Plenum

 

Dimension »Ökonomische Aspekte von Lesen«

Lesen als Fähigkeit hat handfeste ökonomische Dimensionen: Ohne diese Lesefähigkeiten sind professio­nelle Tätigkeiten innerhalb moderner Wertschöpfungsgefüge kaum noch denkbar. Die Arbeitswelt hat sich durch technologischen Fortschritt und Globalisierung so stark gewandelt, dass rein manuelle Ar­bei­ten ohne Anspruch auf differenzierte intellektuell-kognitive Fähigkeiten in hochentwickelten Gesell­schaf­ten immer seltener werden. Lesen ist ebenfalls die basale Voraussetzung für die Teilhabe von End­ver­brauchern an Transaktionen. Immer mehr Beiträge zur Wertschöpfung werden von der Leistungs­rolle professioneller Akteure in Richtung Verbraucher verlagert, die die Rolle des passiven Konsumenten zu­gunsten einer sekundären Leistungsrolle verlassen, z. B. um Möbel aufzubauen, Überweisungsträger aus­zufüllen, Reisen zu buchen, Waren im Online-Shop zu bestellen, Fahrkarten zu kaufen oder mit Behörden zu kommunizieren. Alleine die ubiquitäre Verlagerung von Prozessen auf Automaten oder in Oberflächen von Apps zeigt, welches Maß an Literacy im Sinne eines Dechiffrierens und Kontextualisierens visuell-statischer Zeichen in Form von Schrift im engen Sinne, aber auch erklärungsbedürftigen Icons vonnöten ist. Die enorme Miniaturisierung leistungsfähiger Hardware und Software hat dieses Phänomen seit ca. 2007 massiv befördert. Die Gesellschaft für Informatik identifiziert nicht umsonst die Allgegenwärtige Mensch-Computer-Interaktion als eine der Grand Challenges für die kommenden Jahre.

 

Einführung: Prof. Dr. Ute Schneider, Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Impuls im Plenum: Prof. Dr. Svenja Hagenhoff, Institut für Buchwissenschaft, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Drei parallele Workshops

  1. Folgen unzureichender Literalität
    Moderation:
    Prof. Dr. Svenja Hagenhoff
    Nishant Narayanan, The English and Foreign Language University, Hyderabad, Indien
  2. Kompetenzen von Arbeitnehmern
    Moderation:
    Prof. Dr. Sabine Pfeiffer, Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Technik – Arbeit – Gesellschaft, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 
  3. Lese-Industrie: Buchhandel, Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Verlage
    Moderation:
    Prof. Dr. Ernst-Peter Biesalski, Fakultät Informatik & Medien / Buchhandel & Verlagswirtschaft, HTWK Leipzig
    Ricarda Menn, Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)

Zusammenführung der Ergebnisse aus den Workshops im Plenum und Bilanz des Symposiums

Impressionen

Auf Twitter #dimensionendeslesens

Digitale Fotos des analogen Events:

  Begrüßung

Begrüßung

Keynote Anne Mangen

Keynote Jurģis Šķilters

Impulsreferat Christine Domke

Im Workshop

Im Workshop

Im Workshop

Im Workshop

Im Workshop

Im Workshop

World Cafe

World Cafe

World Cafe

World Cafe

World Cafe

World Cafe

World Cafe

Ergebniszusammenführung

Ergebniszusammenführung

Ergebniszusammenführung

Ergebniszusammenführung

Ergebniszusammenführung

Artefakte zum Thema Lesen

Synopse